So, jetzt muss ich doch mal was sagen, nachdem ich mich
gewundert habe, wieviele den Rauswurf von Lanz gefordert haben, aber nicht
verstanden habe, warum.
Mir ist nun aber einiges klar geworden, nachdem ich mir
diese vielkritisierte Sendung ausführlich zu Gemüte geführt habe.
Was wurde geboten? Es war ein Stück aus der Geschichte der
heiligen Inquisition. Die rechtschaffenen Herren der Obrigkeiten, gegen die
aufrührerische Frau. Die Herren, beide einer anklagenden Zunft angehörend,
haben sich zufällig zusammengefunden. Nachdem der erste Stein von Herrn Jörges geflogen
kam, haben sie sich augenzwinkernd mit vielsagenden Blicken verbündet, er und
Herr Lanz. Hier ging es nicht um Europapolitik, nein und hier ging es auch
nicht um die Rettung der Griechen. Hier ging es noch nicht mal um unseren
eigenen deutschen Allerwertesten. Hier ging es schlicht und einfach darum, der
unwilligen Wagenknecht mal zu Zeigen, wo der Hammer hängt. Verteidigung wurde
ihr nicht zugestanden – kein anderer Gast zu diesem Thema eingeladen, der
womöglich für Objektivität hätte sorgen können, vor der Sichel brauchte sich also auch keiner
zu fürchten. Die Herren Bleibtreu, Karmann und Möller waren einfach nicht der
Rede wert. Obwohl augenscheinlich betroffen, wollten sie sich wohl nicht in die
Gefahrenzone begeben und womöglich hernach zur Gefolgschaft der „Hexe“ gezählt
zu werden – wir erinnern uns: Herr Bleibtreu ist unpolitisch und äußert sich
nur mit Vertrag und vorgegebenem Text.
Alle anwesenden Männer, ob politisch engagiert und
Freizeitpöbler beim Stern (dem kein besseres
Argument einfiel als „Sie reden nur Stuss“) oder eher der leichten Muse
zugetan, waren leider ein Totalausfall. Die eine Hälfte gebärdete sich wie
Großinquisitor und Züchtiger, sie nahmen das „ungezogene Weib“ einmal richtig
in die Zange, während die anderen nur Mitleid verströmten und vor Schrecken
nach Wein verlangten. Es ist zum Weinen – da heucheln wir uns einen ab, wenn
ein älterer Herr in Weinlaune seine Komplimente nicht mit Bedacht wählt – und
sind aber sexistischer und ungehobelter als dieser es womöglich jemals wäre,
wenn eine Frau eine politische Meinung hat.
Was hat Frau Wagenknecht denn getan, dass sie den Herrn des
gepflegten Talks so hat aus der Rolle fallen lassen? Sie hat gelächelt und ist
nicht ausfällig geworden. Wäre sie Letzteres nämlich, hätten sich alle
entspannt. Lanz wäre investigativ gewesen – weil er sie dazu gebracht hätte.
Der Herr vom Stern hätte die natürliche Ordnung wieder hergestellt gesehen. Und
beide wären es zufrieden gewesen, weil bewiesen worden wäre, was zu beweisen war:
Frauen in der Politik sind in
Wirklichkeit Männer. Sie wehren sich wie Männer, sitzen aus wie Männer und
Leichen pflastern ihren Weg . Bleibtreu und Karmann hätten aufatmen können,
weil diese Frau sich offensichtlich selbst helfen kann. Wäre sie alternativ in
Tränen ausgebrochen, auch dann wäre die Sache geritzt gewesen: Weichei,
untauglich. Die Gentlemen hätten ihren Ton gemildert, sich womöglich
entschuldigt und Bleibtreu und Karmann hätten wahrscheinlich doch noch Haltung
angenommen und ein paar intellektuelle Floskeln zur Unterstützung in den Raum
geworfen.
Aber das hat sie nicht gewollt – Sahra Wagenknecht wollte
brennen und Herr Lanz, Sie sind darauf reingefallen und haben den
Scheiterhaufen angezündet als Handlanger des billigen Populismus oder sollte
man Journalismus sagen? Da war nun eine Frau, die das verteidigt hat, was ihr
wichtig ist, mehr nicht. Ich möchte hier kein Urteil abgeben über die Inhalte
und ich meinte bisher das wäre auch ihre Aufgabe Herr Lanz, zu moderieren,
statt anzuklagen und zu urteilen („in dieser Sache geraten wir immer
aneinander“ ZItat Lanz). Nun ja, nun ist es, was es ist, ein Dilemma, weil wir
immer noch nicht mit Frauen und ihrer bis zum bitteren Ende gewahrten
Standhaftigkeit umgehen können. Puh. Das sind soweit meine Empfindungen. Und
ich hoffe nicht auf Bestrafung von Schuldigen, sondern auf Verbesserung durch
ernsthaftes Betrachten der Situation.
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