Sonntag, Januar 26, 2014

In der Sache Lanz und Co gegen Sahra Wagenknecht



So, jetzt muss ich doch mal was sagen, nachdem ich mich gewundert habe, wieviele den Rauswurf von Lanz gefordert haben, aber nicht verstanden habe, warum.
Mir ist nun aber einiges klar geworden, nachdem ich mir diese vielkritisierte Sendung ausführlich zu Gemüte geführt habe.
Was wurde geboten? Es war ein Stück aus der Geschichte der heiligen Inquisition. Die rechtschaffenen Herren der Obrigkeiten, gegen die aufrührerische Frau. Die Herren, beide einer anklagenden Zunft angehörend, haben sich zufällig zusammengefunden. Nachdem der erste Stein von Herrn Jörges geflogen kam, haben sie sich augenzwinkernd mit vielsagenden Blicken verbündet, er und Herr Lanz. Hier ging es nicht um Europapolitik, nein und hier ging es auch nicht um die Rettung der Griechen. Hier ging es noch nicht mal um unseren eigenen deutschen Allerwertesten. Hier ging es schlicht und einfach darum, der unwilligen Wagenknecht mal zu Zeigen, wo der Hammer hängt. Verteidigung wurde ihr nicht zugestanden – kein anderer Gast zu diesem Thema eingeladen, der womöglich für Objektivität hätte sorgen können,  vor der Sichel brauchte sich also auch keiner zu fürchten. Die Herren Bleibtreu, Karmann und Möller waren einfach nicht der Rede wert. Obwohl augenscheinlich betroffen, wollten sie sich wohl nicht in die Gefahrenzone begeben und womöglich hernach zur Gefolgschaft der „Hexe“ gezählt zu werden – wir erinnern uns: Herr Bleibtreu ist unpolitisch und äußert sich nur mit Vertrag und vorgegebenem Text.
Alle anwesenden Männer, ob politisch engagiert und Freizeitpöbler beim Stern (dem kein besseres  Argument einfiel als „Sie reden nur Stuss“) oder eher der leichten Muse zugetan, waren leider ein Totalausfall. Die eine Hälfte gebärdete sich wie Großinquisitor und Züchtiger, sie nahmen das „ungezogene Weib“ einmal richtig in die Zange, während die anderen nur Mitleid verströmten und vor Schrecken nach Wein verlangten. Es ist zum Weinen – da heucheln wir uns einen ab, wenn ein älterer Herr in Weinlaune seine Komplimente nicht mit Bedacht wählt – und sind aber sexistischer und ungehobelter als dieser es womöglich jemals wäre, wenn eine Frau eine politische Meinung hat.
Was hat Frau Wagenknecht denn getan, dass sie den Herrn des gepflegten Talks so hat aus der Rolle fallen lassen? Sie hat gelächelt und ist nicht ausfällig geworden. Wäre sie Letzteres nämlich, hätten sich alle entspannt. Lanz wäre investigativ gewesen – weil er sie dazu gebracht hätte. Der Herr vom Stern hätte die natürliche Ordnung wieder hergestellt gesehen. Und beide wären es zufrieden gewesen, weil bewiesen worden wäre, was zu beweisen war:  Frauen in der Politik sind in Wirklichkeit Männer. Sie wehren sich wie Männer, sitzen aus wie Männer und Leichen pflastern ihren Weg . Bleibtreu und Karmann hätten aufatmen können, weil diese Frau sich offensichtlich selbst helfen kann. Wäre sie alternativ in Tränen ausgebrochen, auch dann wäre die Sache geritzt gewesen: Weichei, untauglich. Die Gentlemen hätten ihren Ton gemildert, sich womöglich entschuldigt und Bleibtreu und Karmann hätten wahrscheinlich doch noch Haltung angenommen und ein paar intellektuelle Floskeln zur Unterstützung in den Raum geworfen.
Aber das hat sie nicht gewollt – Sahra Wagenknecht wollte brennen und Herr Lanz, Sie sind darauf reingefallen und haben den Scheiterhaufen angezündet als Handlanger des billigen Populismus oder sollte man Journalismus sagen? Da war nun eine Frau, die das verteidigt hat, was ihr wichtig ist, mehr nicht. Ich möchte hier kein Urteil abgeben über die Inhalte und ich meinte bisher das wäre auch ihre Aufgabe Herr Lanz, zu moderieren, statt anzuklagen und zu urteilen („in dieser Sache geraten wir immer aneinander“ ZItat Lanz). Nun ja, nun ist es, was es ist, ein Dilemma, weil wir immer noch nicht mit Frauen und ihrer bis zum bitteren Ende gewahrten Standhaftigkeit umgehen können. Puh. Das sind soweit meine Empfindungen. Und ich hoffe nicht auf Bestrafung von Schuldigen, sondern auf Verbesserung durch ernsthaftes Betrachten der Situation.

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