Für manche Menschen ist das Leben einfach, Schwarze sind Nig... und Weiße zu Höherem berufen;
Frauen nur manchmal. Die Natur gehört gezähmt und dort, wo sie wild und natürlich ist, ist es nicht gut sein und gefährlich. Haben es diese Menschen einfacher und leben sie sicherer? Oder verpassen sie das Glück einer Beziehung zu Menschen, die anders sind? Verpassen das Glück, Wildnis zu erleben, Ursprünglichkeit zu entdecken, frei zu sein. Alles Fragen, die sich einem beim Lesen des hier vorgestellten Buches - "Der Gesang der Flusskrebse" von Delia Owens - stellen. Sie werden aber nicht formuliert, sie sind einfach da, geboren aus den Texten, nicht niedergeschrieben. Im Gegenteil, dieser Roman der in der Marschlandschaft North Carolinas spielt, ist einfach. Alles ist einfach in den 50/60erJahren (und heute meist auch): Ein Mädchen - Kya, das alleine im Marschland wohnt, mit dem niemand etwas zu tun haben möchte. Ein junger Mann - Chase - wird tot aufgefunden. Jahrelang hatte er eine Muschelkette um den Hals getragen, die manchen ein Dorn im Auge war - ein Geschenk des Marschmädchens, weil er mit ihr eine eigenartige und nicht öffentliche Beziehung pflegte. Einfache Rechnung: Das Mädchen hat ihn umgebracht.
Eine Geschichte vom Erwachsenwerden in der Einsamkeit, eine Geschichte von Misstrauen, eine Geschichte aus der Wildnis der Marschlandschaft. Ein Mordfall, ein Gerichtsdrama? All das ist nur das tragende Muster, das uns zwingt weiter zu lesen, das uns fesselt, aber in Wirklichkeit ist es eine Geschichte, die uns Verständnis lehrt. Lehrt, dass Natur und ihre Veränderungen das einzige vertrauenswürdige sind. Das Einsamkeit und Misstrauen Gefühle sind, die nur durch Menschen ausgelöst werden können. Eine Geschichte, die so eindrücklich und kurz erzählt wird, dass sie sich einbrennt, die weh tut, weil wir uns selbst finden, in allen Facetten. Ich musste sie auf einmal lesen in wenigen Tagen, habe mich gefühlt, als würden mir mit jedem Satz meine Gehirnwindungen verbogen.
Es ist auch eine Liebesgeschichte, eine Geschichte, die davon erzählt, was die Basis für Liebe ist und was der Unterschied zwischen Liebe und absichtsloser Liebe ist, zwischen Gewalt und Gewaltlosigkeit. Auch eine Geschichte von Hilfsbereitschaft und grundloser Ablehnung.
Meine Empfehlung: Lesen.
Das ist kein Buch, kein Roman, das ist ein Drehbuch, reduziert auf die wichtigen Dinge, blankgeputzt von Plattitüden in einer Sprache, die wir so häufig in der Literatur vermissen. Rein, sauber, jedes Wort dazu gedacht, das Bühnenbild und die Eigenschaften der Protagonisten zu beschreiben, schnörkellos, wie die Natur.
Es ist das beste Buch, das ich in den letzten Jahren gelesen habe. Großartig. Langsam und gleichzeitig wuchtig erzählt, geeignet für Hochsensible, welche jedes Wort zuviel, jeder überflüssige Halbsatz beim Lesen aus dem Takt bringen würde. Das kann hier nicht passieren und ich war mir beim Lesen schon sicher: Es passiert deshalb nicht, weil die Autorin eine große Naturbeobachterin sein muss, die an Überflüssigem kein Interesse zu haben schein, weil es in der Natur nichts bedeutet.
Und tatsächlich, Delia Owens ist von Haus aus keine Romanautorin , sondern studierte Biologin. Ihre bisher erschienenen Bücher befassten sich unter anderem mit der bedrohten Natur der Kalahari. Über zwanzig Jahre erforschte sie zusammen mit Mark Owens, ihrem Ex-Mann, in verschiedenen afrikanischen Ländern Elefanten, Löwen und Hyänen. Als gute Naturbeobachterin scheint sie ebenso gut Menschen beobachten und beschreiben zu können - für mich einzigartig, in einer Sprache, die ich so gut verstehe. Danke an den Hanser-Verlag und die Übersetzer Ulrike Wasel und Klaus Timmermann - ein Volltreffer!
Nicht umsonst ist "Der Gesang der Flusskrebse" 2019 nun schon 47 Wochen lang auf der Bestsellerliste der New York Times- aktuell auf Platz 1.
Nicht umsonst ist "Der Gesang der Flusskrebse" 2019 nun schon 47 Wochen lang auf der Bestsellerliste der New York Times- aktuell auf Platz 1.
Ein Zitat von Delia Owens zum Schluss (Quelle Hanser - Infos für Lesekreise) : "Ich glaube daran, dass Kunst und Literatur die besten Mittel sind, um ein soziales Bewusstsein zu schaffen. Gleichzeitig ist eine Autorin vor allem eine Geschichtenerzählerin. Egal welche Botschaft wir als Autoren verbreiten wollen, sie darf nicht der Geschichte im Weg stehen. Ich habe mir Mühe gegeben, dass die Geschichte für sich die Themen setzt, und versucht, meine eigene Meinung zurückzuhalten."
Und noch eins: Kya ist wie wir alle, sie steht für das, was wir sein können, wenn wir es müssen. Ich glaube von ganzem Herzen an sie. Wir alle können mehr schaffen, als wir uns vorzustellen wagen, sofern das Leben es erfordert.
Und noch eins: Kya ist wie wir alle, sie steht für das, was wir sein können, wenn wir es müssen. Ich glaube von ganzem Herzen an sie. Wir alle können mehr schaffen, als wir uns vorzustellen wagen, sofern das Leben es erfordert.
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