Zeit um innezuhalten. Nichts war vorhersehbar in diesem Jahr. Niemand, dessen Pläne nicht über den Haufen geworfen worden sind. Alles fremd. Alles anders. Und doch hat nahezu jede/r in Deutschland nach wie vor ein Dach über dem Kopf, die Sicherheit medizinischer Versorgung und genug zu essen.
Gleichzeitig Lamento an allen Ecken und Enden. Kein Alkohol, keine Silvesterböller, kein Rausch, begrenztes Vergnügen, wir Armen.
Ich würde mir so wünschen, dass die Welt heute einmal für eine Minute stillstehen könnte und in dieser einen Minute jede/r vor ihrem/seinem inneren Auge sehen würde, wie ihr/sein Leben auch aussehen könnte.
In den Flüchtlingslagern überall auf der Welt leben Menschen wie wir, die nicht glauben würden, was sie sehen könnten. Läden, die übervoll sind mit Kuchen und Wein und Köstlichkeiten aus allen Ländern der Welt. Und wir hier könnten vielleicht wahrnehmen, wie es sich anfühlt, als Straßenkind in Indien zu leben, niemals auch nur die Aussicht auf ein Bett in einer sauberen Wohnung zu haben und dem Schmutz und der Brutalität der Straße lebenslänglich ausgesetzt zu sein.
Das Leben auf der Schattenseite ist schon ohne Corona grausam genug. Bei uns wird niemand den qualvollen Tod durch Ersticken sterben, jede/r bekommt derzeit ein Intensivbett, wird ins Koma gelegt und medizinisch bestens betreut. Auch wenn es kein Vergnügen ist, es gibt eine Chance auf Überleben. Woanders nicht.
Können wir einfach mal eine Minute unseres Lebens darüber nachdenken, was in diesem Jahr gut war? Dankbarkeit ist das mindeste, was wir angesichts unseres unglaublichen Reichtums im Vergleich zu anderen Menschen tun können. Wir haben fließendes Wasser, ein Dach überm Kopf, wir haben Zugang zu Bildung, Grundrechte, die unser Dasein schützen und und und.
Können wir uns einfach mal für eine Minute nicht wichtig nehmen?
In der Natur nimmt alles seinen Lauf. Vielen Pflanzen war es in den letzten Wochen zu trocken, jetzt hat es, zumindest hier im Südwesten, ordentlich geregnet. Also wachsen jetzt die Taubnesseln beispielsweise wieder und wenn es weiterhin so warm bleibt, blühen sie auch. Und wenn es wieder kalt wird irgendwann, dann wachsen sie einfach nicht mehr weiter. Sie reflektieren nicht, beschweren sich nicht, sie tun einfach das, was möglich ist. Wie angenehm Pflanzen doch sind. Wir könnten uns ein bisschen was abschauen und einfach tun, was möglich ist.
Die Tage werden wieder heller ab heute, nutzen wir sie.
Purpurrote Taubnessel - Lamium purpureum |
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