Hier ein weiterer Auszug aus meinem Interview mit Michi Kern anlässlich der Yoga-Expo in München im Januar:
CV: „Welpenhaft“ sei Dein Wesen, hat eine Redakteurin der Süddeutschen geschrieben – ich vermute, sie hat unter anderem „verletzlich“ damit gemeint. Braucht man Verletzlichkeit, um Mitgefühl haben zu können?
MK: Ich glaube sie hat mein verknittertes Gesicht am Morgen gemeint. Doch im Ernst: man braucht Offenheit und Empfänglichkeit um Mitgefühl zu entwickeln oder auch einfach nur Interesse an Anderen. Das kann man üben, indem man sich in andere hineinversetzt, den Blickwinkel wechselt und seine Vorstellungskraft bemüht, wie die Yoga-Sutren vorschlagen. In jedem Fall lernt man dabei viel. Natürlich geht das nicht immer, ohne selbst verletzt oder enttäuscht zu werden. Aber die eigenen Verletzungen sind immer auch ein guter Hinweis darauf, was wir anderen mitunter antun. Es bedarf gar nicht so viel Phantasie, sich vorzustellen, was wir Tieren alles antun. Wir verdrängen das, doch das tut uns selbst nicht gut. Im Yoga ist viel von Liebe und Mitgefühl die Rede, viel zu oft geht aber schon von unserer Ernährung eine enorme Gewalt und Rücksichtslosigkeit, schlimmer Gedankenlosigkeit und Gleichgültigkeit, aus. Das bleibt nicht ohne Folgen für uns selbst.
CV: Ich habe an mir selbst erfahren, dass das Mitgefühl mit den Tieren erst kam, als ich schon jahrelang vegan war. Wie hast Du das erlebt, was war zuerst da, Mitgefühl mit den Tieren oder die vegane Ernährung, z.B. aus gesundheitlichen Gründen?
MK: Ich wurde tatsächlich wegen der Tiere zuerst Vegetarier und dann Veganer. Der Vater meiner Freundin damals war Großviehhändler am Münchener Schlachthof. An der Wand der Ställe im Viehhof stand in großen weißen Buchstaben: „Vermeide jede Tierquälerei“ - die Wirklichkeit sah und sieht anders aus. Trotzdem bin ich kein rührseliger Tierfreund, ich möchte zum Beispiel kein Haustier und will auch nicht aufs Land ziehen. Mir schien es dagegen immer selbstverständlich, dass andere Wesen – ganz unabhängig vom Menschen – ein Recht auf Leben und Unversehrtheit haben, dass diese Wesen eine Würde besitzen und ihr Leben leben sollen. Meine Überlegung heute geht hin zu der Frage: Welche Art von Mensch möchte ich sein? Möchte ich ein Mensch sein, der irgendwie, eventuell auch über Umwege oder einfach durch Wegschauen oder durch stillschweigende Billigung, am Leid anderer Wesen beteiligt ist oder sogar dafür verantwortlich ist? Die Antwort ist: Nein, ich möchte ein solcher Mensch nicht sein, weil das nicht meinem Bild von mir selbst entspricht.
Passend zur Yoga-Expo lest Ihr morgen hier den 3. Auszug. (Das Interview am Stück und in voller Länge findet ihr demnächst in der Natürlich vegetarisch.) hier weiter zu Teil 3
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