Dienstag, Mai 29, 2018

Wildpflanzen in privaten Gärten - möchtest du wissen, was bei dir wächst?

Hallo meine Lieben, heute darf ich hier etwas Neues ankündigen:

Ich biete im nächsten Quartal (Juli-September) wieder einer/m Gartenbesitzer/in die Möglichkeit, die Pflanzen im eigenen Garten kennenzulernen. Mir ist nämlich aufgefallen, dass die meisten meiner Exkursionsteilnehmer, sofern sie einen Garten haben, fragen, ob ich denn auch in ihren Garten kommen würde, da wächst so viel, was sie nicht kennen und was sie auch nicht rausreißen wollen, denn es könnte ja essbar sein.

So ging es in diesem Frühjahr auch vielen mit diesen netten Blüten hier unten im Bild und unzählige Male gab es in den Bestimmungsgruppen die Frage, was da so hübsch blühe. Nun, das konnte beantwortet werden: Es war der Feldsalat, zu dem es auch einiges mehr zu erzählen gäbe, aber das an anderer Stelle einmal.



Selbstverständlich biete ich auch Einzeltermine für private Beratungen an. Es gibt aber auch die Variante, den eigenen Garten zu öffnen und als Gastgeber für eine Exkursionsgruppe zu fungieren. Wenn du einen Garten hast, der ausreichend groß ist, und dir vorstellen kannst dort für 2 Stunden 15 Besucher zu empfangen, dann kannst du dich gerne melden, per Mail (an info(ät)christine-volm.de) mit Bildern von deinem Garten und den Pflanzen, die du gerne kennenlernen möchtest. Ich schreibe dann einen Termin aus, an dem auch andere Interessierte teilnehmen können und dann hoffen wir, dass die Exkursion in deinem Garten stattfinden kann. Momentan gilt das Angebot für den Großraum Stuttgart, Tübingen, München, Augsburg, Berlin, Haigerloch und Hechingen, Balingen. Wenn das für dich was wäre - melde dich.

Manche meiner Klienten bestellen auch Wildpflanzensamen und wissen dann, wenn sich die Pflanze im Garten versamt oder erst im nächsten Jahr keimt, nicht mehr, wo das Kraut eigentlich her kommt und was es ist.

So beispielsweise bei dieser Pflanze:


Rumex acetosella - der Kleine Sauerampfer

Immer wieder wird auch nach der Knoblauchsrauke gefragt - sie verändert ihr Aussehen mehrmals im Jahr und das Erkennen fällt Anfängern nicht leicht. Dieses Jahr schmeckt sie besonders gut, weil es so schnell warm wurde und die Bildung der Bitterstoffe mit der Entwicklung des Knoblauchgeschmacks nicht mithalten konnte, ist letzterer in diesem Jahr dominant - hm, daraus wird leckeres Tzatziki.





Auch Bäume und Sträucher gibt es zuhauf in privaten Gärten, allerdings lassen wir die Ziersträucher dort außen vor und konzentrieren uns auf einheimische Arten. Wisst ihr, von welchem Baum dieses Blatt stammt? Lasst mal einen Kommentar da - ich wette, das wissen nicht so viele.


Und der allseits beliebte Gundermann ist ebenfalls fast in jedem Garten zu finden - doch nicht alle können ihn gut erkennen. Am besten geht das zur Blütezeit - hier gibt es mehr Bilder und Rezepte.


Und auch dieses Pflänzchen ist nicht allen bekannt, aber in häufig sogar in mehreren Arten in Gärten zu finden und äußerst heilkräftig, hier Veronica teucrium, der Gamander-Ehrenpreis.


Letzte Hagebutten im Frühjahr verwirren manchmal - darf man die dann noch essen? Man darf.


Und die wunderschöne Rosette eines Mittel-Wegerichs, umgeben vom Sparrigen Runzelbruder, so nennt sich das Moos. Leckerer Geschmack und die Blütenknospen und die Samen sind ebenfalls essbar

Sonntag, Mai 27, 2018

Der hübscheste Kohl

Gibt es etwas Schöneres als pralle dichte Kohlköpfe? Ja, riesenhaft ausladende Kohlköpfe, die von dunkelgrünen Blättern eingerahmt sind und zur Mitte hell werden und einen lila Hauch an Farbe abbekommen haben. Meine Entdeckung in Frankreich. Dieser Kohl hat wirklich große Blätter und wirkt, anders als sein Aussehen, von der Blattstruktur her fast ein wenig zerbrechlich.

Wir haben ihn entdeckt in demselben Bio Coop in dem wir schon die Haferwurzeln gefunden hatten, überhaupt ist die Auswahl an Kohlsorten in Frankreich wesentlich größer als bei uns, auch in der Schweiz übrigens. Während man es bei uns eher eindeutig mag, als Weißkohl, Rotkohl, Wirsing, darf es bei unseren Nachbarn gerne bunter und wilder zugehen. Und diese alte Kohlsorte, auf deren Wiederentdeckung man in Frankreich sehr stolz ist, sieht aus, als wäre er die perfekte Kreuzung aus allen dreien und ist doch älter als die "ordentlichen" modernen Sorten.


Gerade im Bioanbau werden wieder vermehrt alte Sorten genutztt, die auch vom Aussehen her einen anderen Charakter als die modernen haben. Meine Recherchen zu diesem Kohl hat mich zu einer alten Sorte geführt namens 'January King", ein Winterkohl, der sehr frosthart sein soll und seit der Zeit von Königin Viktoria in England als 'January King Cabbage' angebaut wird. Ursprünglich kommt er aber wohl aus Frankreich, denn in Frankreich wird er auch 'Chou de Milan de Pontoise' genannt - Pontoise ist das Anbaugebiet, chou de Milan oder chou de Savoie ist der Wirsing.


Diesen Kohl gibt es schon früher als die anderen Sorten im Gemüseregal, er ist eigentlich ein Wintergemüse, geerntet werden kann er nämlich vom Herbst bis ins Frühjahr.

Ich freue mich jedes Jahr über den ersten Kohl, will aber keinen aus dem Gewächshaus kaufen. Wenn wir Gemüse aus Treibhäusern kaufen, unterstützen wir eine Energieverschwendung sondergleichen. Natürlich werden Tomaten und Gurken dort angebaut, weil wir sonst keinen heimischen Anbau dieser Früchte haben könnten, oder nur sehr wenig Ertrag für kurze Zeit, aber Kohl und Erdbeeren, Spargel und Karotten, die müssen nicht aus dem Gewächshaus kommen.

Im Geschmack ist dieser Kohl ebenfalls ein kleines Wunder, seine Blätter sind fest, wie ein knackiger Salat fast, sein Geschmack aber sehr mild. Ideal also, um ihn roh zu essen. Ich schneide ihn einfach in Streifen, würze ihn und fertig ist das Rohkostgericht. Lecker schmeckt er auch mit einer rohen Tomatensauce, wenn man diese etwas einziehen lässt. Ich würde mir wünschen, ihn auch bei uns bald kaufen zu können, weil er so zart ist und sich so gut als Rohkost verwenden lässt. Solche Kohlnuden schmecken auch Kindern, die sich mit den harten Kohlarten oft nicht so leicht anfreunden können.


Solltet  ihr diesen leckeren Kohl also irgendwo entdecken, dann greift zu und genießt ihn. Falls ihr ihn schon kennt: Was macht ihr damit?



Übrigens schaut mal, hier könnt ihr Samen bestellen (habe ich im Netz gefunden):

Sehr viele alte und neue Kohlsorten findet ihr hier:

www.deaflora.de
https://kokopelli-semences.fr
www.schreberarten.ch
https://www.chili-shop24.de

wenn jemand noch mehr Quellen kennt, dann poste ich die hier auch gerne.



Sonntag, Mai 20, 2018

Saft aus Habermark, weil Habermark macht d'Buaba stark

Nicht nur die Buben natürlich, jede/r wird stark mit den Blüten und den Wurzeln und dem Grün der Bocksbärte. Darüber habe ich gestern ja schon ausführlich geschrieben. Heute gibt es dazu noch ein Rezept - passend zu Pfingsten und zur Hauptblütezeit vom Wiesen-Bocksbart.


Dieser Saft ist eine Abwandlung von "Orange | Karotte | Löwenzahnblüten" aus meinem Buch "Detox, Baby! – Entgiften mit Wildpflanzen und frischen Säften" (2017)



Habermark-Blüten-Saft

© Dr. Christine Volm


Zutaten:
3 Orangen
2 Karotten
15 Blüten vom Wiesen-Bocksbart (alternativ 25 große Blütenstände vom Löwenzahn)
100-300 ml Wasser

Die Orangen schälen, die Karotten bei Bedarf putzen, aber mit der Schale verwenden, und beides in Stücke schneiden. Alle Zutaten im Mixer pürieren und das Püree durch einen Nussmilchbeutel passieren. Schneller geht’s mit dem Entsafter. Wenn der Saft aber mit dem Mixer zubereitet wird, werden die Inhaltsstoffe von Orange und Löwenzahn noch besser genutzt.

Wenn Sie den Saft einige Stunden aufbewahren, wird er dickflüssig durch die gelierenden Anteile aus der Orange. Dann können Sie ihn mit dem Löffel wieder flüssig rühren. Auch lässt sich der Trester nicht vollständig trocken auspressen, hat aber noch richtig Geschmack und kann zur Herstellung von Rohkostbrot oder Crackern verwendet werden.

Damit wünsche ich euch einen wunderschönen Pfingstsonntag. Ich freue mich, wenn wir uns bei einer der nächsten Exkursionen treffen und gemeinsam vielleicht die Blüten des Wiesen-Bocksbartes naschen können. (vielleicht am 25.5. schon - alle Termine hier unter "Seminare") Oder Du kommst zum Detox, Baby!-Vortrag, da kann ich Dir alle Antworten zum Saftfasten mit Wildpflanzen geben, die Dir vielleicht noch auf der Seele brennen.

christine-volm.de

Es wird Infos zu allen 4 Teilen des Buches geben: Detox Food - die Saftkur, Detox Care - die naturgesunde Körperpflege, Detox Power - das Bewegungsprogram, Detox Mind - Entgiften für den Geist und Detox Soul - Gutes für die Seele.
Platzreservierung per Mail - hier zu den Infos auf www.christine-volm.de






Samstag, Mai 19, 2018

Bocksbärte - Habermark, Yemlik und Salsifis


Heute geht es hier um Wurzeln. Und eine Geschichte gibt es auch dazu:

Diese habe ich ursprünglich für das Wildpflanzen-Magazin geschrieben und sie ist im Mai dort erschienen:

Die Pflanzenwelt ist wunderbar und egal, wie alt ich werde, ich werde es in diesem Leben nicht schaffen, all ihre Geheimnisse zu ergründen, nicht mal für einen kleinen Prozentsatz wird es ausreichen. Neben allerhand Neuem, was ich in diesem Frühjahr in der Pflanzenwelt entdecken durfte, war es eine Pflanze, die mir nun schon mehrmals, sogar in verschiedenen Arten über den Weg gelaufen war, die sich aber jetzt erst wirklich mit all ihren nutzbaren Teilen in mein Bewusstsein gedrängt hat. Hartnäckig und nachhaltig: Tragopogon – der Bocksbart.

Angefangen hat alles damit, dass ich im Frühjahr 2017 im Süden Frankreichs im Gemüseangebot eines Biomarktes Wurzeln entdeckt habe, zu dem mir niemand dort wirklich erklären konnte, um was es sich dabei handelte.





Nur wenige Tage später traf ich zuhause in Sindelfingen auf jemanden, der wie ich auf der Wiese Kräuter sammelte, allerdings nur einen Büschel Grasartiges in der Hand hielt. Ich fragte nach und tatsächlich, er sammelte kein Hasenfutter, sondern Kräuter, die in Salzwasser getunkt, wie in Südosteuropa häufig üblich, verzehrt werden sollten. Ich besah die Ernte aus der Nähe, und schnell war klar, es waren die jungen Triebe vom Wiesen-Bocksbart (Tragopogon pratensis). Ja, die kannte ich und eine Kostprobe davon, ließ sie mir als äußerst schmackhaft erscheinen, ganz ähnlich aber weniger süß als der Geschmack der Blüte, die ich schon öfter gegessen und verwendet hatte. "Yemlik", ergab meine Recherche, heißt das Wildgemüse in der Türkei, es wird dort roh oder gekocht verwendet, Wurzeln und junge Triebe.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich immer nur die Blüten verwendet, zum Beispiel für Saft, siehe Rezept unten. So auch im Juni 2017 beim Detox, Baby!-Seminar in den Bergen Tirols, als wir Ersatz für Löwenzahnblüten, die dort schon verblüht waren, gebraucht haben. Jede Menge der großen gelben Wiesen-Bocksbart-Blüten gab es dort, die wir stattdessen gut nutzen konnten. Wieder war es diese Pflanze, die sich so aufdrängte und sich in meine Rezepte einmischte und anfing sie zu verändern.

Der Sommer ging vorbei und wie üblich verschwanden die großen gelben Blüten schon frühzeitig wieder von der Bildfläche. (Sehen werden wir sie voraussichtlich noch auf der Exkursion in Aidlingen am 25.05.2018 - mehr dazu auf www.christine-volm.de unter Seminare)

Über den Winter nutze ich gerne die Zeit, um mich mit ungeklärten Wildpflanzen-Fällen zu beschäftigen – der Wiesen-Bocksbart gehörte nicht dazu, weil ich den Fall ja schon für geklärt hielt. Bis zu dem Abend, an dem meine Mutter, die als Gärtnerin nicht unbedingt eine Freundin des Wildpflanzenverzehrs ist, mir erzählte, sie hätten als Kinder in der Nachkriegszeit auch auf den Wiesen gesammelt, unter anderem "Habermarken". Grasähnliche Triebe sollten es gewesen sein und ein schwäbisches Sprüchle gab es auch dazu: "Habermark macht d'Buaba stark." Mir fiel meine Begegnung im Frühjahr auf der Wiese mit "Yemlik" wieder ein und ich begann unter dem Stichwort "Habermark" im Internet zu recherchieren. Ganz klar, die Blütenbilder waren eindeutig: Habermark = Wiesen-Bocksbart = Yemlik.



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Aber es gab noch ein zweites Ergebnis: Im Alemannischen (Ursprung des schwäbischen Dialekts) wurde auch Tragopogon porrifolius als Habermark bezeichnet. Der aktuell korrekte deutsche Name hierfür ist "Haferwurzel". Und an diesem Punkt kam mir auch die Wurzel aus dem Süden Frankreichs wieder in den Sinn, denn die purpurlilanen Blüten hatte ich dort schon auf den Wiesen gesehen und ihre Ähnlichkeit im Aufbau zu unserem Wiesen-Bocksbart war mir damals aufgefallen.

Die Haferwurzel (Tragopogon porrifolius) war auch bei uns einst als Wurzelgemüse bekannt, und wurde sogar angebaut. In Frankreich hat sie ihren Weg schon wieder zurück auf die Teller gefunden, als Wurzel, deren Geschmack Kulinarikern zufolge an Austern erinnern soll, daher auch der im englischen Sprachraum gebräuchliche Name "Gemüseauster". Mich hat der Geschmack der rohen Wurzeln eher an sehr junge Artischocken erinnert, fein und leicht nussig. "Salsifis" wird sie in Frankreich genannt und als "Salsifis des prés" wird der Wiesen-Bocksbart (Tragopogon pratensis) bezeichnet.

hinten rechts: Salsifis

Außerdem habe ich herausgefunden, dass auch "Yemlik" als Name nicht nur für den bei uns heimischen Wiesen-Bocksbart, sondern auch für die Haferwurzel genutzt wird, ähnlich wie in Frankreich scheinen die Triebe von beiden Arten unter diesem Namen verwendet zu werden. Die Triebe der Haferwurzel erinnern in ihrem Aussehen, noch mehr als beim Wiesen-Bocksbart an jungen Lauch, der Art-Name porrifolius heißt in der Übersetzung auch "lauchblättrig". So müsste die Haferwurzel eigentlich "Lauchblättriger Bocksbart" heißen, aber wer schon einmal Hafertriebe genau betrachtet hat, kann den Namen Haferwurzel sicher auch nachvollziehen.

In der Türkei scheinen beide Arten vorzukommen, je nachdem wie das Klima einer Region ist, kommt wahrscheinlich die eine oder andere Art häufiger vor (die Haferwurzel mag es wärmer als der Wiesen-Bocksbart), und so werden beide Arten ähnlich verwendet: Man bereitet aus den Trieben hauptsächlich frischen Salat zu oder nutzt sie zum Füllen der typischen dünnen Fladen.

Dank der Bocksbärte habe ich im Winter eine kleine kulinarische Europareise gemacht, zumindest mit dem "Finger auf der Landkarte", einiges über fremde Küchen erfahren und auch über altes heimisches Wildgemüse. Und jetzt betrachte ich den Wiesen-Bocksbart mit anderen Augen, sehe nicht mehr nur die schmackhaften Blüten, sondern schätze ihn von der Wurzel bis zur Blüte.



Und morgen gibt es hier noch das Rezept für den Saft.

A propos Saft: es gibt einen Vortrag in Maichingen nächste Woche zu Detox, Baby!

Donnerstag 24.05.2018 19:30 Uhr im Gesundheitshaus imPuls, Maichingen
Alle Infos dazu auf meiner Homepage (Platzreservierung per Mail an info(ät)christine-volm.de)



Donnerstag, Mai 17, 2018

In Frankreich wird sogar das Gemüse rot


Von ausgefallenem roten Gemüse, das ich in Frankreich entdeckt habe,  habe ich im letzten Frühjahr schon einmal berichtet, aber heute sind die Rottöne, um die es geht, ein bisschen mehr violett - passend zur Farbe des Jahres.

Während man bei uns peinlich genau darauf achtet, dass auch das Gemüse ordentlich daher kommt, sieht man das im Süden Frankreichs alles ein bisschen lockerer. Da darf der Spargel ruhig krumm sein und lila Köpfe haben - siehe oben und hier und auch die Artischocken werden gerade wegen ihrer unterschiedlichen Formen und Farben geliebt.

Überhaupt ist das Leben dort anders - Gemüse kaufen geradezu ein Vergnügen. Ich finde es immer wieder schön, dort auch in den kleinsten Orten die Märkte zu besuchen und zu beobachten, wie wichtig den Menschen dort die Versorgung mit frischem Gemüse ist. Allerdings essen unsere französischen Nachbarn laut Statistik im Durchschnitt kaum mehr Gemüse als wir, wobei ich mir gut vorstellen kann, dass es hier ein deutliches Gefälle von Süden nach Norden gibt. Im Elsass beispielsweise wird mit Sicherheit nicht so viel Gemüse gegessen wie im Süden - ein Blick auf eine Speisekarte zeigt, dass dort viel mehr Fleischgerichte auf den Tisch kommen als im Süden. Im Norden dürften die Zahlen also durchaus auf Augenhöhe mit uns und im Süden deutlich höher liegen. Spitzenreiter sind übrigens die Griechen, die mit durchschnittlich 240 kg/Gemüse Pro-Kopf--Verbrauch nahezu zweieinhalb mal so viel davon essen wie die Menschen in Frankreich und Deutschland. Erstaunlich, aber selbst die Menge der Griechen würde mir vermutlich nicht reichen, das ist ja auch nur der Durchschnittswert.


Nach dem Marktbesuch in diesem kleinen südfranzösischen Ort wird im kleinen Café nebenan noch ein Schwätzchen gehalten ... Dann muss man aber zügig weiter, damit das frische Grün in den Kühlschrank kommt. Salat gehört hier zum Essen, auch wenn es Gemüse gibt. Entweder oder, wie bei uns, das gibt es nicht.


Die Bio-Supermärkte dort im Süden Frankreichs schießen wie Pilze aus den Boden und ganze Landstriche im Süden haben mittlerweile auf Bioprodukte umgestellt. Daher ist es auch wenig verwunderlich, dass es immer neue Gemüsevarianten zu finden gibt, alte Gemüsesorten werden wiederentdeckt und neue kommen dazu.


Auch auf die Herkunft aus der Region wird geachtet, in diesem Bio-Supermarkt, aus dem die Bilder stammen, steht bei jedem Produkt nicht nur der Preis, sondern auch von woher es kommt, mit Kilometerangabe, so dass jeder selbst entscheiden kann, ob er verantwortlich sein will für langen Transport oder lieber das Gemüse aus der Nähe kauft. Diese Angaben verlangt die EU interessanterweise nicht, das wäre aber ganz sinnvoll. So kann ich mir nämlich überlegen, o ich das kleine Anbauprojekt in der Nähe oder den Großbauern weit entfernt unterstützen möchte. Den Roten Grünkohl kenne ich bisher nur aus dem Biolandbau, ich weiß nicht, ob er konventionell überhaupt angebaut wird, meiner Recherche nach nicht.


Auch roten Chicorée haben wir in Frankreich entdeckt, nicht gerade billig, aber auch lecker. Die Navet violet daneben sind lilagefärbte Mairübchen, ein altes Gemüse, das mittlerweile in neuen Sorten auf den Markt kommt, die alten Sorten sind oft gelb. Aber auch die Sorte 'Purple Top Milan' zählt zu den alten Sorten und um eben diese könnte es sich auch auf dem Foto oben handeln.


Hier gibt es noch mehr "Sommergemüse aus Frankreich"


Samstag, Mai 12, 2018

Das beste und hässlichste Gartenbuch

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Sind die jetzt übergeschnappt, habe ich mich gefragt, ein Buch mit diesem Cover auf den Markt zu bringen? Wie oft habe ich mit meinem Verlag die Cover meiner Bücher diskutiert und jetzt machen die so etwas Hässliches?
Und dann wird dieses Buch auch noch mit dem 1. Preis als Bestes Buch zur Gartenprosa- oder Lyrik ausgezeichnet. Ich konnte es nicht glauben, das musste ich tatsächlich in Händen halten.

Und dann geschah etwas Unglaubliches - ich habe mich verliebt in dieses Buch. Ich habe es aufgeschlagen, ein paar Sätze gelesen und schon war es um mich geschehen. Und das lag nicht nur an diesem Kapitel, in dem es sich darum dreht, wie der Giersch im Garten zum guten Freund und mit den richtigen Nachbarn auch gezähmt werden kann.






Nein, jedes Kapitel in diesem Buch ist witzig, manchmal ironisch aber immer sehr charmant geschrieben von zwei echten Pflanzenliebhabern: Jörg Pfenningschmidt - der wohl frechste Gartenkolumnist derzeit - schreibt unter anderem für die Gartenpraxis und wenn er nicht schreibt, dann plant er wundervolle Pflanzungen, legt sie an und begleitet sie nachhaltig. Er ist nicht nur Planer, sondern wirklich Gärtner. Den idealen Mitstreiter für das Gute, Wahre und Schöne im Garten hat er mit Jonas Reif, dem Chefredakteur der Gartenpraxis gefunden, der sich mit ihm duelliert, nicht nur wenn es um die Rosen geht. 





Kein Thema wird hier ausgespart und nichts ist den beiden Autoren zu unwichtig.

In der Gärtnerei, in der ich aufgewachsen bin, gab es einen Spaten, den immer alle benutzen wollten, weil er leicht und besonders handlich war, dass er eigentlich ein schwuler Spaten war, weiß ich erst jetzt.


Von Gartenbesuchern handelt das Kapitel Gartenbesuch - klar. Aber wie es halt so ist mit Besuch... und den Leuten und Annegret, die im Rahmen einer Gartenführung für 40 Personen ihr ganz persönliches Gestaltungs- und Pflanzenproblem erörtert und gelöst bekommen möchte. Ich kenne Annegret - gut - und wundere mich, dass sie auch Jörg Pfenningschmidt schon das Leben schwer gemacht hat :-)


Das heilige Grün, der Rasen bekommt auch einige Seiten gewidmet, obwohl er nur ein Platzfresser ist. Jawoll ja, wir sind uns einig.


Und wieder eines dieser Fotos, das einem das Gärtnern vergällen könnte, wüsste man nicht allzu genau, dass das die Realität ist, wie auch Schottergärten und Co. Dieses Buch erzählt von allen Missständen rund ums Grün und versöhnt einen gleichzeitig mit ihnen, weil hier die Retter zu nahen scheinen. Wenn überhaupt noch jemand an die Gartenkultur in Deutschland glaubt, dann die Autoren dieses Buches.



Mein Lieblingskapitel, weil aus Leid entstanden und doch zur Lösung der Problematik hässlicher Ecken und Plätze in Folge unsachgemäßer Pflanzenverwendung beitragend: 




Ich habe vor 25 Jahren meinen Unterricht zur Pflanzenverwendung an der TU München/Weihenstephan jedes Jahr mit einer Vorlesung zu Beginn des Semesters zum Thema "Rassismus in der Pflanzenverwendung" begonnen. Ja, manche Pflanzen wurden gehasst, zu Unrecht. Meistens deshalb, weil sie ohne jedes Fingerspitzengefühl verwendet worden waren und den öffentlichen Raum so nicht schöner, sondern hässlicher gemacht haben. Ein Klassiker: die rotlaubige Berberitze der Sorte 'Atropurpurea'. Dabei trug diese, wie unzählige andere, keinerlei Schuld an ihrem Schicksal, sie waren nur einem unbegabten Planer in die Hände gefallen.

Das Buch bietet nicht nur Inspiration, sondern auch Trost. Es gibt auch schöne Pflanzungen mit Berberitzen, wie dieses Foto unten zeigt - ein Aufatmen bei der Leserin - das Negativbeispiel zeige ich hier nicht.


Auch schön, das Kapitel über Japanische Gärten - man ahnt es vielleicht, der typische Ahorn alleine macht noch keinen japanischen Garten... auch in Japan nicht.


Es wäre alles so schön in diesem Buch, wenn nicht das Cover wäre und so manches Bild im Inhalt.


Dieses Buch ist schonungslos ehrlich und stellt an manchen Stellen die Missstände in der deutschen Gartenlandschaft dar. Es ist aber auch ein Mutmacher, weil es beruhigend ist, zu wissen, dass es Menschen gibt, denen diese Missstände auffallen und sie etwas dagegen unternehmen.

Die Buchrückseite beschreibt, was es bietet. Großartig. Lesen!




Ich habe das Buch mittlerweile auch verschenkt, an einen Gärtner, der Jörg Pfennigschmidt seit dem Lesen einer Kolumne gezürnt hat, weil er darin Forsythien als "pissgelb" beschrieben hat. Freudestrahlend hat er ihm verziehen, weil in diesem Buch zum Thema "Forsythie" steht, dass sie mit strahlender Leuchtkraft unsere wintermüden Augen weckt. Na bitte, eine Person haben Sie mit ihrem Buch schon glücklich gemacht Herr Pfenningschmidt und Herr Reif.